BCAA

BCAA vor oder nach dem Training: Was ist wirklich besser?

Du stehst vor deinem Workout im Gym, Shaker in der Hand, und fragst dich: Soll ich meine BCAAs jetzt trinken oder lieber nach dem Training? Die Flasche steht schon bereit, aber die Unsicherheit bleibt. Wenn dir diese Situation bekannt vorkommt, bist du nicht allein – es ist eine der häufigsten Fragen in der Fitness-Community.

Nach Jahren im Kraftsport und unzähligen Gesprächen mit Trainingspartnern kann ich dir sagen: Die Antwort ist nicht so simpel wie “vor” oder “nach”. Aber keine Sorge – in diesem Artikel räumen wir mit den Mythen auf und geben dir eine klare, praxistaugliche Antwort basierend auf aktueller Wissenschaft und echter Trainingserfahrung.

Was sind BCAAs überhaupt und warum interessiert sich jeder dafür?

Bevor wir ins Timing einsteigen, lass uns kurz klären, wovon wir eigentlich sprechen. BCAA steht für “Branched-Chain Amino Acids” – auf Deutsch verzweigtkettige Aminosäuren. Es handelt sich um drei spezielle Aminosäuren: Leucin, Isoleucin und Valin.

Das Besondere an ihnen? Sie gehören zu den essentiellen Aminosäuren, die dein Körper nicht selbst herstellen kann. Du musst sie über die Nahrung oder Supplemente zuführen. Noch interessanter: BCAAs machen etwa 35% der Muskelproteine aus und werden direkt in der Muskulatur verstoffwechselt, nicht erst in der Leber wie andere Aminosäuren.

Wichtig zu wissen: BCAAs sind keine magische Pille. Sie sind Bausteine, die dein Körper für verschiedene Prozesse braucht – besonders wenn du intensiv trainierst und deine Muskeln aufbauen oder erhalten willst.

BCAA vor dem Training: Die Argumente und die Wissenschaft

Viele Sportler schwören darauf, ihre BCAAs 15-30 Minuten vor dem Training zu nehmen. Und ehrlich gesagt gibt es dafür gute Gründe.

Was passiert, wenn du BCAAs vor dem Training nimmst?

Studien zeigen, dass BCAA-Spiegel im Blut etwa 30 Minuten nach der Einnahme ihren Peak erreichen. Wenn du sie also vor dem Training trinkst, sind sie genau dann verfügbar, wenn deine Muskeln unter Belastung stehen.

Vorteile Pre-Workout:

  • Energiebereitstellung: BCAAs können als Energiequelle während intensiver Belastung dienen
  • Muskelschutz: Sie reduzieren den Muskelabbau (Katabolismus) während des Trainings
  • Mentale Schärfe: Valin konkurriert mit Tryptophan und kann Ermüdungserscheinungen hinauszögern
  • Bessere Performance: Besonders bei langen oder intensiven Sessions spürbar

Ich persönlich habe den größten Unterschied bei Trainingseinheiten gemerkt, die länger als 60 Minuten dauern oder wenn ich im Kaloriendefizit trainiere. Da fühlt sich die Pre-Workout-BCAA-Einnahme wie eine zusätzliche Sicherheit gegen Muskelabbau an.

Für wen macht BCAA vor dem Training besonders Sinn?

  • Athleten, die morgens nüchtern trainieren (Fasted Training)
  • Menschen in einer Diät-Phase mit Kaloriendefizit
  • Bei sehr intensiven oder langen Trainingseinheiten (90+ Minuten)
  • Wenn zwischen letzter Mahlzeit und Training mehr als 3-4 Stunden liegen

BCAA nach dem Training: Der Klassiker für Muskelaufbau

Die Post-Workout-Einnahme ist wahrscheinlich der bekannteste Ansatz. Direkt nach dem Training den Shaker zu leeren gehört für viele zur Routine wie das Abtrocknen nach der Dusche.

Was spricht für BCAAs nach dem Training?

Nach einem intensiven Training ist dein Körper in einem katabolen Zustand – die Muskelproteinsynthese ist zwar erhöht, aber ohne die richtigen Bausteine kann dein Körper kein neues Muskelgewebe aufbauen.

Vorteile Post-Workout:

  • Maximale Proteinsynthese: Leucin aktiviert den mTOR-Signalweg, der für Muskelwachstum entscheidend ist
  • Regeneration: Schnellere Erholung und weniger Muskelkater (DOMS)
  • Anaboles Fenster: Nutzt die erhöhte Nährstoffaufnahme nach dem Training
  • Einfache Integration: Passt perfekt in die Post-Workout-Routine mit Protein-Shake

Hier wird es interessant: Neuere Forschung deutet darauf hin, dass das berühmte “anabole Fenster” möglicherweise länger offen ist als die früher behaupteten 30 Minuten. Trotzdem schadet es nicht, die Regeneration zeitnah zu unterstützen.

Die oft vergessene Option: BCAAs während dem Training

Hier wird es spannend, denn viele übersehen diese Möglichkeit komplett. Dabei kann das Trinken von BCAAs während des Trainings tatsächlich die Vorteile beider Welten vereinen.

Praxis-Tipp: Ich mische meine BCAAs oft direkt in meine Trainingsflasche und trinke sie schluckweise während der Session. So habe ich konstant Aminosäuren im Blut – vor, während und kurz nach dem Training.

Vorteile der Intra-Workout-Einnahme:

  • Konstante Versorgung während der gesamten Belastungsphase
  • Bessere Hydration (weil du ohnehin trinken solltest)
  • Verhindert den Abfall der BCAA-Konzentration während langer Sessions
  • Praktisch: Du musst nicht an Pre- oder Post-Workout denken

Besonders bei Trainingseinheiten über 90 Minuten oder bei Ausdauersportarten macht diese Methode absolut Sinn. Denk an Marathonläufer oder Crossfit-Athleten – die profitieren enorm von kontinuierlicher Aminosäuren-Zufuhr.

Die unbequeme Wahrheit: Kommt es wirklich so sehr aufs Timing an?

Jetzt kommt der Teil, den viele nicht hören wollen: Das Timing ist wichtig, aber nicht so entscheidend wie die Supplement-Industrie uns glauben machen will.

Was wirklich zählt, ist deine Gesamt-Proteinzufuhr über den Tag. Wenn du täglich ausreichend hochwertiges Protein isst (etwa 1,6-2,2g pro kg Körpergewicht für Kraftsportler), sind BCAAs oft nur das Sahnehäubchen, nicht die Grundlage.

Brutale Ehrlichkeit:

Wenn du dreimal am Tag ein komplettes Protein-Gericht isst und nach dem Training einen Whey-Shake trinkst, wirst du kaum einen messbaren Unterschied spüren, ob du BCAAs vor oder nach dem Training nimmst. Der Unterschied liegt im Detail – und für Hobby-Sportler oft unter der Wahrnehmungsschwelle.

ABER: Für Wettkampfsportler, Menschen in extremen Diäten oder bei speziellen Trainingsprotokollen (Fastentraining etc.) kann das Timing durchaus den Unterschied machen.

Praktische Empfehlungen: So machst du es richtig für deine Situation

Genug Theorie – hier ist dein Aktionsplan basierend auf verschiedenen Szenarien:

Szenario 1: Du trainierst morgens nüchtern

Empfehlung: 5-10g BCAAs vor dem Training. Dein Körper hat seit Stunden keine Aminosäuren bekommen. Hier macht Pre-Workout absolut Sinn, um Muskelabbau zu verhindern.

Szenario 2: Du bist in einer Diät/Definitionsphase

Empfehlung: 5-10g BCAAs während des Trainings, in deine Wasserflasche gemischt. So hast du kontinuierlichen Muskelschutz bei reduzierter Kalorienzufuhr.

Szenario 3: Normale Trainingsroutine mit guter Ernährung

Empfehlung: Ehrlich gesagt, wann du BCAAs nimmst ist weniger wichtig. Wähle den Zeitpunkt, der für dich am praktischsten ist. Der Unterschied wird minimal sein, wenn deine Basis-Ernährung stimmt.

Szenario 4: Sehr langes oder intensives Training (90+ Minuten)

Empfehlung: Teile die Dosis auf – 5g vor dem Training, 5-10g während des Trainings. So deckst du die gesamte Belastungsphase ab.

Szenario 5: Du nimmst BCAAs hauptsächlich für die Regeneration

Empfehlung: Fokus auf nach dem Training, idealerweise zusammen mit Kohlenhydraten für bessere Aufnahme und Insulinreaktion.

Dosierungs-Richtlinie:

  • Standard-Dosis: 5-10g pro Training
  • Verhältnis: Achte auf ein 2:1:1 Verhältnis (Leucin:Isoleucin:Valin)
  • Häufigkeit: An Trainingstagen rund um dein Workout, an Ruhetagen optional mit Mahlzeiten

Was ist mit EAAs? Sollte man BCAAs mit anderen Aminosäuren kombinieren?

Gute Frage, die immer öfter auftaucht. EAAs (Essential Amino Acids) enthalten alle 9 essentiellen Aminosäuren, einschließlich der 3 BCAAs. Einige Experten argumentieren, dass EAAs die bessere Wahl sind, weil sie alle Bausteine liefern.

Meine Meinung nach Jahren der Erfahrung: Für die meisten Menschen sind EAAs tatsächlich die intelligentere Wahl, weil sie umfassender sind. Aber BCAAs haben ihre Berechtigung, besonders wenn du gezielt die Leucin-Dosis hochfahren willst ohne zu viele Kalorien aufzunehmen.

Kombinieren? Wenn dein Budget es zulässt: BCAAs vor/während dem Training für schnelle Verfügbarkeit, EAAs nach dem Training für vollständige Regeneration. Aber ehrlich – für 90% der Trainierenden ist das Overkill.

Mein persönliches Fazit nach Jahren im Kraftsport

Nach unzähligen Experimenten mit verschiedenen Timing-Strategien kann ich dir sagen: BCAA vor oder nach dem Training ist keine Religion. Es gibt kein absolutes “richtig” oder “falsch”.

Was ich gelernt habe:

  • Die Basis zählt mehr als das Timing: 150g Protein täglich aus echten Lebensmitteln schlägt jedes perfekt getimte BCAA-Protokoll bei schlechter Ernährung
  • Individuell entscheiden: Nüchtern-Training? Pre-Workout. Regenerationsfokus? Post-Workout. Lange Sessions? Intra-Workout
  • Konsistenz schlägt Perfektion: Lieber jeden Tag zum gleichen (suboptimalen) Zeitpunkt nehmen, als ständig zu wechseln oder es zu vergessen
  • Spüre in deinen Körper hinein: Probiere verschiedene Zeitpunkte aus und achte darauf, wann du dich besser fühlst

Persönlich habe ich mich auf folgendes Protokoll eingependelt: An intensiven Trainingstagen 5g vor dem Training und 5g danach. An moderaten Tagen nur nach dem Training. An Ruhetagen spare ich mir BCAAs komplett und setze auf vollwertige Proteinquellen.

Häufig gestellte Fragen zu BCAA-Timing

Ist es sinnvoll, während des Trainings BCAAs einzunehmen?

Absolut! Besonders bei Trainingseinheiten über 60 Minuten ergibt die Intra-Workout-Einnahme viel Sinn. Du versorgst deine Muskeln kontinuierlich mit Aminosäuren, während sie unter Belastung stehen. Mische einfach 5-10g in deine Trainingsflasche und trinke sie schluckweise während der Session. Das verhindert, dass die BCAA-Konzentration im Blut abfällt und kombiniert die Vorteile von Pre- und Post-Workout-Einnahme.

Sollte man Aminosäuren vor oder nach dem Training nehmen?

Das hängt von deinem Ziel ab. Vor dem Training schützen sie vor Muskelabbau und liefern Energie – ideal fürs Fastentraining oder Diätphasen. Nach dem Training unterstützen sie die Regeneration und Muskelproteinsynthese – perfekt für Muskelaufbau. Die Wahrheit? Bei ausreichender Gesamt-Proteinzufuhr ist der Unterschied minimal. Wähle den Zeitpunkt, der zu deiner Routine passt, oder nimm sie während des Trainings als Kompromiss.

Kann man BCAA und EAA zusammen nehmen?

Ja, kannst du, aber es ist meist nicht nötig. EAAs enthalten bereits die drei BCAAs plus sechs weitere essentielle Aminosäuren. Wenn du beides nimmst, erhöhst du hauptsächlich die Leucin-Dosis. Das kann Sinn machen, wenn du gezielt die anabole Wirkung verstärken willst (Leucin aktiviert mTOR). Für die meisten ist aber entweder BCAAs oder EAAs völlig ausreichend. Spare dein Geld lieber für hochwertigeres Protein in der Ernährung.

Welche Auswirkungen kann eine Überdosis BCAA haben?

BCAAs sind generell sicher, aber zu viel ist nie gut. Bei übermäßigem Konsum (deutlich über 20g täglich) können Nebenwirkungen auftreten: Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Magen-Darm-Probleme. Langfristig könnte ein Ungleichgewicht zu anderen Aminosäuren entstehen. Ein weiterer Punkt: Zu viel Leucin kann die Aufnahme anderer Aminosäuren blockieren. Halte dich an die empfohlenen 5-10g pro Training, dann bist du auf der sicheren Seite.

Soll man BCAA jeden Tag nehmen?

Nicht unbedingt. An Trainingstagen rund um dein Workout macht es am meisten Sinn. An Ruhetagen brauchst du BCAAs eigentlich nicht separat, wenn deine Ernährung proteinreich ist – du bekommst genug über normale Mahlzeiten. Ausnahme: Wenn du in einer extremen Diät bist oder mehrere Tage die Woche fastest, können BCAAs auch an trainingsfreien Tagen helfen, Muskulatur zu erhalten. Aber für den durchschnittlichen Kraftsportler? Trainingstage sind ausreichend.

Ist BCAA ein gutes Pre-Workout-Produkt?

Ja und nein. BCAAs als alleiniges Pre-Workout? Eher schwach. Sie geben dir keinen Energy-Kick wie Koffein und erhöhen nicht direkt deine Kraft. Was sie können: Muskelabbau während des Trainings verhindern und bei langen Sessions als Energiequelle dienen. Wenn du ein Pre-Workout willst, das dich pusht, brauchst du Koffein, Citrullin, Beta-Alanin etc. BCAAs sind eher die Versicherung gegen Muskelabbau, nicht der Performance-Booster. Kombiniere beides für optimale Ergebnisse.

Was ist besser: Creatin oder BCAA?

Das ist ein Äpfel-Birnen-Vergleich, weil beide völlig unterschiedlich wirken. Creatin erhöht deine Kraftleistung, Schnellkraft und hilft bei der ATP-Regeneration – es macht dich stärker. BCAAs sind Bausteine für Muskelprotein und schützen vor Abbau – sie helfen beim Erhalt und Aufbau. Wenn du dich entscheiden musst: Creatin hat die stärkere wissenschaftliche Evidenz und kostet weniger. Idealerweise nimmst du beides, aber wenn Budget begrenzt ist, priorisiere Creatin und optimiere erst mal deine Protein-Gesamtaufnahme.

Wann BCAAs und wann EAAs nehmen?

BCAAs vor/während dem Training, wenn du schnelle Verfügbarkeit willst und gezielt Leucin hochdosieren möchtest – besonders beim Fastentraining oder in der Diät. EAAs nach dem Training oder als vollwertigen Protein-Ersatz zwischen Mahlzeiten, weil sie alle essentiellen Aminosäuren liefern und die Muskelproteinsynthese umfassender unterstützen. Noch einfacher: Wenn du nur eines kaufst, nimm EAAs – sie sind vielseitiger. BCAAs sind die Spezialisten, EAAs die Generalisten.

Author

  • San Miguel

    San Miguel is a certified nutritionist and personal coach with years of experience helping clients achieve their health, fitness, and performance goals. Based in Dubai, he specializes in personalized nutrition programs, fitness coaching, and sports supplementation, including BCAA, EAA, beta-alanine, glutamine, and pre-workout boosters.

    He holds certifications in Nutrition Coaching and Personal Training, and has worked with clients ranging from beginners to professional athletes. San Miguel combines science-based methods with practical strategies to help clients build muscle, lose weight, and improve overall health.

    Passionate about education and results, he also provides guidance on supplement use, meal planning, and lifestyle optimization, ensuring each client receives a tailored approach to meet their individual goals.

    When he’s not coaching, San Miguel shares tips and insights through his blog and social media channels, helping people stay motivated and informed about fitness and nutrition.

    Specialties: Fitness Coaching, Nutrition Programs, Supplements (BCAA, EAA, Glutamine, Pre-workout), Weight Loss, Muscle Building, Performance Training.

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